CONF 22.10.2016

In/Visible City (Weimar, 10-12 Nov 16)

Weimar, 10.–12.11.2016

Dr. Claudia Tittel

In/Visible City. Infrastrukturen und Mediatisierung der Stadt im historischen Wandel
Internationales Symposion
Bauhaus-Universität Weimar, Salon im ehemaligen Palais Dürckheim, Cranachstr. 47, 99423 Weimar
Konzeption: Prof. Dr. Gabriele Schabacher/ Dr. Claudia Tittel

Das Dispositiv der Stadt, seine Effekte, Repräsentationen und Wirkmächte sind durch widersprüchliche Zuschreibungen gekennzeichnet (manifest/latent, real/virtuell, verfügbar/unverfügbar), die alle auf das Verhältnis von 'Sichtbarem' und 'Unsichtbarem' verweisen. Sichtbarkeit respektive Unsichtbarkeit ist also nicht allein visuell zu verstehen, sondern ebenso grundlegend als Frage epistemischer Un/Verfügbarkeit. So werden beispielsweise im Anschluss an architekturbezogene Positionen der Medientheorie und Kulturtechnikforschung (Kittler 1988, Siegert 2010, 2015) der gebaute Raum und seine 'unsichtbaren' Infrastrukturierungen im Rahmen von Haustechnik und städtischen Verkehrsnetzen (Sprenger 2015, Gleich 2015, Stalder 2015) als „Prozessarchitekturen“ (Jany 2015) verstanden, die in ihrer Materialität agency entfalten und Personen und Dinge regulieren. Deutlich vor dem Zeitalter der Digitalisierung zeigt sich hier also eine grundlegende Vernetztheit und Mediatisierung der Stadt, deren historische Tiefe mit der Geschichte der Stadtentwicklung korreliert (Sennett 1996). Denn immer schon, so die These Friedrich Kittlers, verschaltet die Stadt „Netze aus lauter Netzen“. Gemäß grundlegender Einsichten der Infrastrukturforschung wäre die Unsichtbarkeit der Stadt somit nicht als ontologische Kategorie zu verstehen, sondern bezöge sich auf den für das Funktionieren notwendigerweise geblackboxten Zustand von Infrastrukturen. Sie sind 'unsichtbar', weil sie uns selbstverständlich sind, weshalb gerade Momente der Störung – ausfallende Heizung oder Klimaanlagen, feststeckende Fahrstühle, aber auch eine nicht-funktionierende Müllentsorgung oder Hausreinigung – Infrastrukturen 'sichtbar', d.h. jenseits des Normalbetriebs wahrnehmbar zu machen vermögen (Star 1989).

Unter dem Titel „In/Visible City“ greift das Symposium einen kulturhistorisch prägenden Topos auf und macht ihn systematisch wie historisch für eine Analytik des Stadtraums produktiv. Dies geschieht vor allem vor dem Hintergrund zweier gegenwärtiger Forschungsfelder, die in je unterschiedlicher Weise die Netzhaftigkeit des urbanen Raums problematisieren: Zum einen finden im Rahmen des Ubiquitous Computing umfangreiche Diskussionen zu Smart Houses und Smart Cities statt, zum anderen setzt eine medienwissenschaftlich-kulturtechnische Architektur- und Infrastrukturforschung die Frage nach der (informationstechnischen) Vernetztheit deutlich vor dem Digitalisierungsschub der späten 1980er Jahre an. Das Symposium nimmt das Konzept der „unsichtbaren Stadt“ zum Ausgangspunkt, um dieses Verhältnis von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit für den städtischen Raum und deren bedeutsame Relation historisch wie systematisch zu problematisieren. Neben der Geschichte der Infrastrukturierung und Mediatisierung ist dabei ebenso die Informatisierung der Stadt im 21. Jahrhundert zu diskutieren.


PROGRAMM:

Donnerstag, 10.11.2016

14.30 Uhr Einführung
Gabriele Schabacher und Claudia Tittel (Bauhaus-Universität Weimar)

Panel I: Epistemologie der un/sichtbaren Stadt
Moderation: Claudia Tittel

15.00 – 15.45 Uhr Urbane Archäologie: Zur Un/Sichtbarkeit filmischer Stadtlandschaften
Laura Frahm (Harvard University, Cambridge/MA)

15.45 – 16.30 Uhr Un/Sichtbarkeit überwachender Infrastrukturen. Vier Fallbeispiele und einige anschließende Überlegungen
Dietmar Kammerer (Philipps-Universität Marburg)

PAUSE

17.00 – 17.45 Uhr Dokumentarische Architektur der politischen Choreographie der Stadt
Ines Weizman (Bauhaus-Universität Weimar)

17.45 – 18.30 Uhr Mediale Trajektorien der Stadt und ihrer Nutzer
Marc Ries (Hochschule für Gestaltung Offenbach)

19.00 Uhr Apéro

Freitag, 11.11.2016

Panel II: Infrastrukturen im urbanen Raum
Moderation: Gabriele Schabacher

09.30 – 10.15 Uhr Architektonische Infrastrukturen: Hotels um 1880
Susanne Jany (Humboldt-Universität zu Berlin)

10.15 – 11.00 Uhr Barrikaden / Boulevards. Techniken revolutionärer Kultur im Paris des 19. Jahrhunderts
Tom Ullrich (Bauhaus-Universität Weimar)
PAUSE

11.30 – 12.15 Uhr Un/Sichtbare Dinge. Self-Storage in Städten
Petra Beck (Technische Universität München)

12.15 – 13.00 Uhr Karten, Daten, Automaten
Sebastian Gießmann (Universität Siegen)

Panel III: Die Stadt als Informationssystem
Moderation: Olga Moskatova

14.30 – 15.15 Uhr Simulierte Nähe: Die mediale Rekonstruktion der Nachbarschaft
Frank Eckhardt (Bauhaus-Universität Weimar)

15.15 – 16.00 Uhr Babylonische Träume: Info-Cities, Smart Cities und experimenteller Kollektivismus
Clemens Apprich (Leuphana-Universität Lüneburg)

PAUSE

16.30-17.15 Uhr Urban Screens: Die Stadt als Medium
Claudia Tittel (Bauhaus-Universität Weimar)

18.00 Uhr Artist Talk: Der Traum von der perfekten Stadt
Herbert Stattler (Wien/Berlin)

Samstag, 12.11.2016

Panel IV: Aneignungspraktiken im Raum der Stadt
Moderation: Claudia Tittel

10.00 - 10.45 Uhr Werkzeuge zur partizipatorischen Stadtgestaltung
Jennifer Schubert (Universität der Künste Berlin)

PAUSE

11.00 – 11.45 Uhr „Da denk ich mir dann schon ‚hey was soll das‘?“
Über die Aneignungspraktiken der Street Art bei Facebook
Katja Glaser (Universität Siegen)

11.45 – 12.30 Uhr Vom Trojanischen Pferd zum Medienspektakel. Kunst im öffentlichen Raum der un/sichtbaren Stadt
Elisabeth Fritz (Friedrich-Schiller-Universität Jena)

Abschlussdiskussion

Quellennachweis:
CONF: In/Visible City (Weimar, 10-12 Nov 16). In: ArtHist.net, 22.10.2016. Letzter Zugriff 29.03.2024. <https://arthist.net/archive/14014>.

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